Tag 3 – 15.02.2015 – Nasca

Höchste Zeit für einen amtlichen Sonnenbrand! Aber eins nach dem anderen.

Den Tag heute kann man gut und gerne unter das Motto von Udo Lindenberg stellen: „Alle Tage sind gleich lang, jedoch unterschiedlich breit.“

Los ging es heute wider Schü’s Willen recht früh und gegen meinen Willen ohne Frühstück. Uns wurde eindringlich geraten dem Flug über die Nascalinien mit nüchternem Magen entgegenzutreten. Im Nachhinein für mich völlig fraglich, allerdings waren andere Fluggäste, die wir dort kennengelernt hatten anderer Meinung.
Der Flug über die Lineas de Nasca, war wirklich faszinierend, auch wenn man manchmal genau hinschauen musste um das gewünschte Gebilde zu entdecken. Beeindruckend war es aber allemal und kann ich jedem nur ans Herz legen.
Die Linien wurden maßgeblich durch die Deutsche Maria Reiche erforscht, welche sich ab etwa 1946 im Alter von rund 40 Jahren bis zu ihrem Lebensende mit 95 mit Leidenschaft den Linien widmete. Sie ist in ganz Peru eine hochverehrte Forscherin und wurde mit dem höchsten Orden des Landes, dem Sonnenorden geehrt. Später am Tag erfuhren wir dann auch wie es zu den Nascalinien überhaupt gekommen ist.

Lineas de Nasca

Lineas de Nasca

Zurück im Hotel wartete dann erstmal unser leckeres Frühstück auf uns. Es gab – Trommelwirbel – zu Bernds Freude, Brötchen mit Erdbeermarmelade. Allerdings gab es diesmal sogar leckere Oliven, etwas Käse und einen wirklich hervorragenden frisch gepressten Orangensaft. Womit wir gleich beim Zitat des Tages von Schü angekommen wären, der gerade den ersten Schluck seines Coca Tees zu sich nahm. „Coca Tee. Damit werd ich nicht warm. Das schmeckt ja wie Heuaufguss!“
Vom Hoteldach hat man schon von weitem einen kleinen fahrenden Händler gehört, der durch sein Megafon die Bevölkerung darauf aufmerksam gemacht hat, dass es auf der Suche nach Büchern, Batterien und Maschinen ist.

Nach dem Frühstück mussten sich die zwei Damen, Lu und Schü, erstmal zur Siesta verabschieden. Bernd und ich waren noch auf der Suche nach einem Bus, der uns am nächsten Tag nach Arequipa bringen sollte. Nach langer Recherche haben wir uns dann entschlossen uns am örtlichen „Busbahnhof“ direkt bei den Busunternehmen zu erkundigen. Der geplante Kurztrip artete dann doch etwas aus, sodass daraus eine etwa dreistündige Tour, durch das Herz von Nasca wurde. In einer kleinen idyllischen Hinterhofkneipe, in die sich wohl nie ein Tourist verirren würde, fanden wir dann auch noch zwei Cerveza um plötzlich mit einem hervorragenden Solokonzert einer jungen Musikerin aus Argentinien verwöhnt zu werden, die auf ihrer Gitarre mit wirklich tollem Gesang einige berühmte südamerikanische Lieder zum Besten gab, um sich ihre Reise und ihr Leben in Peru zu finanzieren.

Bar am Plaza de Armas

Bar am Plaza de Armas

Nachdem wir zurückgekommen waren zeichnete sich dann auch langsam die zu Beginn erwähnte Trophäe ab. Scheinbar ist die Sonne Perus selbst bei durchwachsenem Wetter einem ausgewachsenen Sommertag zu Hause bei Weitem überlegen.

Nachdem wir uns am Vortag bereits zum Sandboarden gemeldet hatten, bat ich Bernd nochmal an der Rezeption nachzufragen, ob das auch wirklich klar geht. Die Bedenken waren im Nachgang durchaus berechtigt, da wir wieder Erwarten doch nicht angemeldet waren. Zum Glück hat dann doch noch alles geklappt und unser Buggy stand pünktlich um 14:30 Uhr vor dem Hotel bereit um uns abzuholen.

Links unser Buggy - Wir hatten die Schleudersitze ganz hinten

Links unser Buggy – Wir hatten die Schleudersitze ganz hinten

Angeboten war eine Buggytour zu den Sanddünen um dort in die Hohe Kunst des Sandboarden eingeweiht zu werden. Also dachten wir uns, blauäugig wie wir waren, nichts wildes dabei und freuten uns auf einen entspannten Trip zu den Dünen.
Zu Beginn war alleine schon das Gefühl in so einem verrückten Gefährt zu sitzen, in dem einem der Fahrtwind ungebremst um die Ohr weht, faszinierend. Es ging über unbefestigte Pisten, vorbei an bewässerten Feldern und verfallenen Hütten zu einem Aquädukt was wirklich beeindruckend war. Die Nasca hatten wohl schon vor langer Zeit erkannt, dass man mit zwei Regentagen im Jahr nur sehr beschwerlich leben kann. Das Problem lösten sie, indem sie vor etwa 1.300 bis 1.500 Jahren 15 Große Löcher in den Boden gruben und diese mit Steinwällen gegen Erdbeeben und Verschüttung schützen. In diesen „Brunnen“ drückte sich das Grundwasser nach oben, welches sich anschließend über lange Kanäle im ganzen Tal verbreitete um die Felder zu bewässern um dem kargen Boden etwas essbares abzugewinnen. Das war dann auch der Grundstein für das anschließende Bevölkerungswachstum. Von diesen Grundwasserbrunnen profitierten nach den Nasca auch die Inka und selbst in der heutigen Zeit sind sie die Grundlage für die hiesige Landwirtschaft.

Aquädukt

Aquädukt

Weiter ging es zu einer von den Nasca erbauten Tempelanlage wo in den letzten 10 Jahren für je 1 Monat im Jahr Ausgrabungen durchgeführt wurden und die Archäologen dabei drei große Tempel freilegten, in denen um die Zeit 0-500 vorwiegend rituelle Opfer dargebracht wurden. Hier war von Lebensmitteln über Tieropfer bis hin zur Opferung von Kindern alles dabei was die Götter gütlich stimmen konnte. Allen voran der Gott des Windes. Nach der Auffassung der Nasca war ihr Gott verärgert, wenn er mit seinen Winden die regenspendenden Wolken fort wehte und für Dürre sorgte. Mit ihren Opfern wollten sie ihren Gott wieder gnädig stimmen. Hier kommen jetzt auch die Nascalinien ins Spiel. Die Linien sind lediglich aus der Luft zu erkennen und sollten somit ihrem Gott gefallen und wurden überall dort in die kargen Ebenen gezeichnet wo sich die Nasca die Gunst ihres Gottes und damit den ersehnten Regen erhofften.

Nasca-Tempel

Nasca-Tempel

Unsere Tour führte uns weiter, vorbei und auch immer wieder durch die Wasserkanäle, die von den Aquädukten gespeist wurden, hin zu einem uralten Friedhof in dem auf einer Länge von über 2.500 Metern überall wo man hinschaute Knochen, Schädel und Grabbeigaben aus dem Sand ragten. Teilweise waren sogar noch deutlich Haut und Harre sowie Kleidung an den Knochen zu erkennen. Als Grabbeigabe wurde dem Leichnam, der in der Fötalstellung bestattet wurde, alles beigelegt, was er bis zu seiner Wiedergeburt brauchen würde. Das waren sowohl Lebensmittel als auch Kleidung und kunstvoll gearbeitete Alltagsgegenstände, die leider oftmals Grabräubern zum Opfer fielen. Die meisten früheren Grabräubern sind heute wohl Taxifahrer, die jetzt auch Fahrten zu jenem Friedhof anbieten. Wie die allerdings mit normalen Fahrzeugen über dieses unwegsame Gelände dorthin gelangen wollen, ist mir jedoch ein Rätsel.
Auf dem Cementerio wurden über 300 Grabkammern gefunden in denen Menschen sowohl alleine aus auch mit ihren Familienmitgliedern beigesetzt wurden und dem Glauben der Nasca nach auf ihre Wiedergeburt warteten. Auf dem Friedhof wurden hauptsächlich Menschen der Nasca beisetzt als auch später Mitglieder von anderen Kulturen, die in diese Region aus den Bergen verdrängt wurden.

Nasca-Friedhof

Nasca-Friedhof

Nachdem wir die Grabstätte hinter uns gelassen hatten, steuerten wir direkt auf ein weiteres Highlight des Tages zu. Bei einer der vielen Durchquerungen der Wasserkanäle blieb unser Buggy im Schlamm stecken, nachdem alle Versuche den Buggy freizubekommen gescheitert waren, wurden einige zu Freiwilligen erkoren, darunter auch ich, die mit vereinten Kräften den Buggy aus dem Schlamm schieben sollten. Zur Freude aller Beteiligten klappte diese Gewaltaktion und wir konnten unsere Fahrt fortsetzen. Nur einer war nicht so ganz glücklich. Lu war doch sichtlich enttäuscht, dass sich dabei niemand in den Schlamm gelegt hatte.

Nichts geht mehr

Nichts geht mehr

Auf den Dünnen angekommen wurde aus den Reifen unseres Gefährts erstmal Luft abgelassen um auf dem feinen Sand für mehr Traktion zu sorgen. Der Aufstieg auf die höchste Dünne, von der wir erwarteten, gleich mit dem Sandboard die Wüste zu bezwingen stellte sich schwieriger heraus als erwartet. Nachdem wir zum zweiten Mal auf halber Strecke kehrt machen mussten, da der Vortrieb des selbstgebauten Gefährts trotz 300 PS, 8 Zylindern, 5.500 Kubik Hubraum und einem grandiosen Klangspektakel der Auspuffrohre, nicht ausreichte um die Steigung zu bezwingen, schaffen wir es dann im dritten Anlauf doch noch bis ganz nach oben auf ein kleines Plateau, wo schon 2 der insgesamt 4 Fahrzeuge auf uns warteten. Unser Fahrer fuhr zum Entsetzen vieler Fahrgäste recht weit vor bis zum Kamm der Düne, vor der sich ein nicht abzusehender Abgrund auftat. Im letzen Moment stoppte er dann zur Erleichterung doch noch rechtzeitig, woraufhin sich die meisten Passagiere abschnallten und schon voller Vorfreude auf das Sandboardingvergnügen waren. Der Buggy setzte sich noch einige Mal ein paar Zentimeter weiter Richtung Abgrund in Bewegung, was bei einigen Anwesenden doch zu stockendem Atem führte. Schlussendlich latschte der Fahrer voll aufs Gaspedal und der Buggy stürzte vornüber mit samt allen, teilweise nicht mehr angeschnallten Passagieren, darunter auch wir vier, die steile Düne hinunter. Das Adrenalin schoss sofort in unsere Blutbahnen und als das noch nicht schlimm genug gewesen wäre, setzte dieser vollkommen verrückte Typ seine wilde Fahrt unbeirrt fort. Wir preschten über einen Dünenkamm nach dem Nächsten nur um uns Augenblicke später in einer noch auswegloseren Situation wieder zu finden. So langsam erkläre sich mir auch die völlig überdimensionierte Bremsanlage mit innenbelüfteten Bremsscheiben an allen vier Rädern, die mir schon vorher aufgefallen war. Und als wir dachten, das Schlimmste wäre überstanden, fährt er die nächste Düne schräg an, wodurch der Buggy quer zur Düne kippte und in einem Affenzahn den Abhang hinunter driftete und den nächsten wieder hinauf schoss, bevor das Spiel von Neuem begann. Dieser Höllentrip, hatte etwas von Achterbahn fahren, mit dem Unterschied, dass man bei der Achterbahnfahrt sicher sein könnte, dass nichts passieren wird, was hier absolut nicht der Fall war. Es war ein Wahnsinns Erlebnis und jedem dem sich die Chance bietet etwas vergleichbares zu erleben, dem empfehle ich dringend: Mach es!
Irgendwann hatte er dann wohl ein Einsehen und machte auf einer Düne halt wo wir dann völlig mit Adrenalin aufgepumpt und total von der Rolle erste Anweisungen bekamen, wie man denn auf einem Stück Brett am Fuß, bzw. zuerst unter dem Hintern, am elegantesten eine Sanddüne hinunter fährt.
Unser Schü hat dabei wohl etwas gänzlich missverstanden und legte zur Freude aller den ersten Stunt hin und verabschiedete sich mit einer Sandwolke von seinem Brett.

Das Boarden auf der Düne klappte dann sogar recht gut, war aber lange nicht so spektakulär, wie wir uns das ausgemalt hatten, was dann durch die Tatsache Schü als Sandgolem bestaunen zu dürften, und den Sonnenuntergang in den Dünen erleben zu können, durchaus wieder zu einem Vergnügen wurde. Die irre Buggyfahrt hat dann allerdings den bei Weitem größten Anteil dazu beigetragen die Dünentour zu einem unvergesslichen Erlebnis werden zu lassen.

Sonnenuntergang auf den Dünen

Sonnenuntergang auf den Dünen

Durch den langen Rückweg über die unbefestigten Straßen, brach dann auch die Nacht über uns herein, sodass wir in Nasca erst wieder ankamen, als es bereits stockfinster war. Nach dem Versuch bei einer Dusche den feinen Sand aus sämtlichen Körperöffnung herauszubekommen, suchten wir uns noch ein kleines Lokal, um unseren Hunger auf ganz landestypische Art mit einem frittierten Hähnchen und einem Glas Chicha Morada, einem Getränk aus lila Mais, zu stillen. Nach einem anschließenden kühlen Cerveza am Plaza de Armas verabschiedeten wir uns zurück zu unserem Hotel um noch ein wenig auf dem Dachbalkon zu entspannen und den Tag Revue passieren zu lassen. Wie sich herausstellte, gibt es sowas wie Nachtruhe in Peru wohl eher nicht. Sonntag Nachts um 23:30 machte die Müllabfuhr durch ununterbrochenes lautes Läuten auf einer Glocke auf sich aufmerksam und fuhr eine Straße nach der anderen durchaus auch mal mehrfach ab.
Morgen Mittag geht es dann in einer etwa neunstündigen Fahrt weiter nach Arequipa, wo sicher das nächste Abendteuer auf uns wartet.

2 Replies to “Tag 3 – 15.02.2015 – Nasca”

  1. Hypo

    Die Dünentour klingt echt wahnsinnig!

    Aber: wie hart ist bitte diese kapitalistische Pseudo-Iphone-Juke-Box ?! 😀

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